Über das Gedicht „Kalt“

Mein Gedicht „Kalt“ möchte eine Frage aufwerfen, die mir selbst immer wieder begegnet: Wie reagieren wir, wenn wir mit Not und Leid konfrontiert werden? In diesem Fall geht es um ein Kind, das barfuß und allein auf der Straße ist – ein Bild, das aus meiner Sicht die Kälte und Entfremdung unserer Gesellschaft symbolisiert.

Obwohl ich diese spezielle Situation selbst nicht erlebt habe, bemerke ich immer häufiger, wie sich eine gewisse Gleichgültigkeit in unserer Gesellschaft breitmacht. Wir sehen das Leid anderer, erkennen es – und trotzdem bleibt oft das Gefühl der Ohnmacht zurück. Auch wenn es uns nicht gleichgültig ist, tun wir oft nicht das, was wir tun könnten, um zu helfen. Im Gedicht spiegelt sich dieses Zögern und diese Hemmung wider. Der Erzähler ist sich der Notlage des Kindes bewusst, doch anstatt zu handeln, lässt er sich von seiner eigenen Unsicherheit und seinem inneren Konflikt lähmen.

Diese Zerrissenheit ist nicht nur ein persönliches Thema, sondern ein gesellschaftliches. In einer Welt, die zunehmend von Geschwindigkeit und Individualismus geprägt ist, wird es schwer, sich die Zeit zu nehmen, wirklich hinzuschauen und zu helfen. Der kalte Wind, der das Kind umgibt, spiegelt die emotionale Kälte wider, die oft dazu führt, dass wir uns von den Nöten anderer distanzieren.

Mit diesem Gedicht möchte ich nicht nur die gesellschaftliche Kälte anprangern, sondern auch die Verantwortung an uns selbst zurückgeben. Wann haben wir das letzte Mal innegehalten und überlegt, ob wir in einer Situation, die uns nicht direkt betrifft, tatsächlich aktiv werden könnten?

Kalt

Fast hätt ich’s nicht gesehen
das Kind trägt keine Schuhe!
Ich kann das nicht verstehen
Das lässt mir keine Ruhe.

Ein kleiner Junge ganz allein.
Wo sind die Eltern bloß?
Wie kann sowas möglich sein?
Zu spät, ich muss jetzt los.

Man wird ihm helfen, sicher,…bald.
Doch ich, muss nun wirklich gehen.
Wann wurde nur mein Herz so kalt,
so kalt wie seine kleinen Zehen?

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