Über das Gedicht „Das lyrische Ich“

Was mich zu diesem Gedicht bewegt hat, ist der Wunsch, denen eine Stimme zu geben, die sonst nicht gehört werden. Es sind die Stimmen derjenigen, deren Leiden und Gefühle oft in der Gesellschaft oder in der Geschichte übersehen oder unterdrückt werden – wie etwa Soldaten im Krieg, aber auch wie die der jungen Frau, die Suizid beging, des Kindes im Luftschutzkeller oder anderer Personen in extremen Lebenssituationen.

In meinen Gedichten versuche ich, mich in diese Menschen hineinzufühlen und ihre Gedanken, Ängste und Hoffnungen zu erfassen, um sie hörbar zu machen. Diese Figuren repräsentieren die vielen unterschiedlichen Facetten des menschlichen Lebens, die oft unsichtbar bleiben oder zu wenig Gehör finden. Dabei ist das lyrische Ich, das ich erschaffe, nicht immer direkt mit mir selbst verbunden. Es ist eine Figur, die ich durch Empathie und Vorstellungskraft erschaffe, um ihre Geschichte zu erzählen.

Ich möchte diese Menschen nicht nur als „Opfer“,“Täter“ oder „Leidende“ darstellen, sondern ihre Menschlichkeit und ihre komplexen Emotionen zeigen. Es geht mir darum, das Spektrum menschlicher Erfahrungen zu erweitern und zu vermitteln, dass jeder Mensch, jede Geschichte Bedeutung hat.

Das lyrische Ich

Aus meiner Feder Kraft entsteht
ein Wesen, das durch Worte lebt.
Es suhlt sich gern in seinem Schmerz!
Oft zeigt es auch sein kaltes Herz.

Es sehnt sich mal nach Ruhm und Geld,
geht selbstbewusst durch seine Welt.
Ja, manchmal ist es wirklich schlecht,
so arrogant und selbstgerecht.

Es prangert an und spielt sich auf
und lässt Gefühlen freien Lauf.
Es sucht verzweifelt nach dem Sinn
und gibt sich dann der Schwermut hin.

Es ist umsichtig, treu und gut,
doch leider fehlt ihm oft der Mut.
Es leidet unter Hass und Streit,
die Menschen tun ihm furchtbar leid.

Es kann sein Leben auch genießen,
voll Liebe in die Arme schließen.
Das Wesen lebt nur auf Papier
und ist trotzdem ein Teil von mir.