
Über das Gedicht „Keine Zeit?“
Das Gedicht „Keine Zeit?“ entstand aus einer Beobachtung, die wohl viele Eltern nachempfinden können: Diese Szene, in der ein Kind mühsam Schritt hält, während der Erwachsene mit dem Blick auf die Uhr vorauseilt, die kleinen Hände fest an sich zieht und die Ungeduld in jeder Bewegung spürbar wird. So oft sind wir als Eltern in Eile, die Liste der Pflichten und Termine ist lang, und die Langsamkeit unserer Kinder scheint uns regelrecht zu bremsen. Auch ich habe das oft erlebt. Manchmal, kurz vor wichtigen Terminen, hätte mich die scheinbar unbändige Ruhe meiner Kinder fast zur Verzweiflung gebracht.
Doch mit den Jahren und vielen solcher Momente wurde mir klar, dass dieses Drängen und die Hektik viel mehr über meine Erwartungen und meinen eigenen Zeitdruck aussagen als über die wirklichen Bedürfnisse meines Kindes. Es ließ mich innehalten und nachdenken: Warum schien es so schwer, den kleinen Augenblicken des Alltags Raum zu geben, geduldig zu sein, loszulassen? Die Erkenntnis, dass oft die wertvollsten Momente gerade in dieser „verlorenen Zeit“ liegen, prägte mich tief. Kinder erleben jeden Moment bewusst und intensiv, sie spüren die Dringlichkeit von Zeit nicht, sondern entdecken und staunen.
Diese Reflexion führte mich dazu, über meine eigenen Prioritäten nachzudenken. Wie oft habe ich das „Jetzt“ verpasst, weil ich zu beschäftigt damit war, zum nächsten Termin zu eilen? So wurde „Keine Zeit?“ zu einem Gedicht, das die Bedeutung des Innehaltens beleuchtet. Es ist ein Appell an uns alle, die scheinbar so dringenden Pflichten für einen Moment beiseite zu schieben und die wertvolle, gemeinsame Zeit bewusst zu genießen. Denn am Ende sind es diese Momente der Zweisamkeit, in denen echtes Leben und Verbindung liegen – weit mehr als in einer pünktlichen Ankunft oder einer planmäßigen Erledigung.
Keine Zeit?
„Komm schnell, mein Kind, wir müssen los!
Beeil dich doch! Wo bleibst du bloß?“
Jetzt fängst du noch zu weinen an.
„Ich lauf doch schon so schnell ich kann.“
Ich halte inne, denk bei mir:
Was mach ich denn da bloß mit dir?
Ich schaue tief in mich hinein,
so wollte ich doch niemals sein.
Oh nein, heut will ich nicht mehr eilen,
ich will sie nutzen, uns’re Zeit.
Ich will allein mit dir verweilen,
mit dir, mein Kind, in Zweisamkeit.