,Es gibt Erlebnisse, die sich nicht in Worte fassen lassen. Bilder, die sich in das Gedächtnis brennen, ohne dass man sie dazu eingeladen hätte. Momente, in denen die Welt für einen Augenblick stillsteht – nicht vor Ehrfurcht, sondern vor Entsetzen. Der Auslöser für mein Gedicht „Bilder“ war ein solcher Moment.
Ich hatte nicht danach gesucht hatte nichts angeklickt. Ich war einfach auf Facebook – wie so viele von uns, in einem flüchtigen, alltäglichen Moment. Plötzlich begann ein Video automatisch zu laufen. Und was ich sah, hat mich tief getroffen: Ein Mann trägt ein verbranntes Kleinkind aus den Trümmern eines zerstörten Hauses. Der kleine Körper, kaum mehr als ein Bündel Schmerz, bis auf den Schädelknochen verbrannt.
Ich konnte nicht wegsehen.
Ich wollte wegsehen, aber es war zu spät. Dieses Bild hatte sich bereits in mir festgesetzt. Es ließ mich nicht mehr los. Was macht man mit so einem Anblick? Wie geht man weiter durch den Tag, durch die Woche, durch das Leben, mit diesem Bild im Kopf? Und was macht es mit uns – wenn solche Bilder sich häufen, wenn das Leid der Welt nicht mehr bloß Schlagzeile bleibt, sondern ins Wohnzimmer, auf den Bildschirm, ins Herz dringt?
Ich spürte eine Mischung aus Ohnmacht, Wut, Schmerz und einer fast lähmenden Sprachlosigkeit. Gleichzeitig wuchs in mir das Bedürfnis, diesem Gefühl Ausdruck zu verleihen. Nicht, weil ich glaubte, es heilen zu können. Sondern weil ich wusste, dass ich sonst daran innerlich ersticke. So entstand „Bilder“. Nicht geplant, nicht durchdacht, nicht aus künstlerischem Kalkül. Sondern aus Notwendigkeit. Ein Versuch, etwas zu sagen – obwohl es eigentlich nichts mehr zu sagen gibt. Ein Aufschrei in Versform. Eine stille Klage. Ein Ring mit der Frage: Wie viel Schmerz kann ein Mensch aushalten, ohne daran zu zerbrechen?
Ich weiß, dass viele Menschen ähnliche Bilder gesehen haben. Und vielleicht genauso sprachlos zurückblieben wie ich. Dieses Gedicht will keine Antworten geben. Es will nicht erklären oder relativieren. Es will nur eines: nicht verdrängen. Denn auch wenn Wegsehen verlockend scheint – es ändert nichts.Das Leid bleibt.Die Bilder bleiben. Und vielleicht ist das Einzige, was wir ihnen entgegensetzen können, unser Hinsehen. Unser Mitfühlen. Unsere Worte.Nicht, um uns darin zu verlieren – sondern, damit wir nicht vergessen. Damit wir wach bleiben. Damit wir – trotz allem – menschlich bleiben.
Eine Antwort
Liebe Anja Buschner,
all diese Worte spiegeln genau meine Empfindungen wider und sprechen mir aus dem Herzen❤.
Vielen Dank 🙏🤗